Generation Mensch aber bitte ohne Z

Das Thema Mensch begleitet mich seit meiner Dissertation, die den Fokus auf Biografieforschung hatte, sehr stark. Dabei geht es nicht um die vielen Bulletpoints in Lebensläufen, sondern um den Menschen als lebendiges Wesen. Wenn ich mir heute allerdings die Diskussionen um die konstruierten Generationen X und Y oder die viel beschworene Generation Z durchlese oder anhöre, stelle ich immer wieder erstaunt fest, dass es doch sehr viele Menschen gibt, die glauben, andere Menschen in geistige Schubladen zu stecken.

 

Mehr noch, die Generation Z ist zu einem Geschäftsmodell geworden!

Kein Tag vergeht, an dem ich keinen neuen Blogbeitrag, keinen Vortrag bei einer Veranstaltung oder einen neuen Artikel über die Generation Z oder mit sonst einem Buchstaben versehen, entdecke. Damit wird viel Geld verdient und Reichweite gewonnen. Mea culpa, mache ich auch gerade. Allerdings aus einem anderen Beweggrund heraus. Darin sind meist die selben Themen festgehalten, die man schlicht folgend zusammenfassen kann:

 

Die sind so, deshalb müssen die anderen dieses und jenes machen, damit sie sich wohl fühlen und so sind, wie es sich die anderen vorstellen.

Sind wir Menschen wirklich so einfach gestrickt? Ich sage: Ja. Auch nach einigen Jahren im Recruiting. Wir lieben Schubladen. Manche sogar vier Grundfarben und meinen Menschen darin „einordnen“ zu können. Erst zuletzt habe ich in einem Gespräch gehört „schau, ein Roter, eh klar“. Der ist so. Jung, der braucht um seine Work-Life-Balance leben zu können dieses und jenes. Bei ihr musst du möglichst flexibel bei der Arbeitszeit sein.

 

Gibt man „Generation Z“ bei Google ein, erhält man 869 Millionen Treffen. Eine empirische Studie folgt der nächsten. Je länger ein Mensch sich damit beschäftigt, desto mehr erkennt Mensch, dass vieles davon schlichtweg einfach nur logisch ist. Die Generation Z shoppt mehr digital. Welch Wunder. Die Generation Z fühlt sich unsicher. Kein Wunder bei Inflation, Kriegen, Krisen ohne Ende. Die wollen weniger arbeiten und mehr Freizeit. Wer nicht?

 

Der Mensch hat sich schon immer als Subjekt versucht, in eine Gruppe von anderen Menschen einzuordnen und seinen Platz darin zu finden. Im größeren Kontext Gesellschaft genannt, die sich stetig verändert. Bereits in der Antike gab es Diskussionen über „die Jungen“. All das ist nicht neues, doch tun wir gerade bei der Generation Z so, als ob die Generationenfrage gerade neu erfunden wird.

 

Die Diskussion um die Generation Z

Ich kann mich noch an meine Kindheit erinnern, als meine Eltern stolz Deep Purple gehört haben. Smoke on the water. Habe das Lied noch immer im Kopf. Es war ihr geistiger Anker, Teil einer Generation gewesen zu sein, die sich auflehnte. Die laut war, die forderte. Jede neue Generation forderte die alte Generation in irgendeiner Form heraus. Ob sie jetzt X, Y oder Z heißt, die „Generation Alpha“ weiß ja noch nicht einmal von ihrem Glück, spielt dabei keine Rolle. Dabei diskutieren viele über Themen, die wie schon gesagt, uralt sind.

Spannend finde ich immer wieder den Zusammenhang zwischen der Generation (hier Buchstaben einfügen) und der Arbeitswelt. Meist mit Kernaussagen, die alle in eine Schublade stecken. Dabei sind sie, sind wir alle, nicht Teil einer Schublade. Sicherlich gibt es biologische Faktoren, die viele Menschen gleich haben, wie Geburtsjahre oder soziale Herkunft, usw. Dies freut unser einfach geschicktes Gehirn. Schublade auf, Gedanken rein, Vorstellung an. Fertig.

 

Positivistisch oder konstruktivistisch – Generationen anders betrachtet

Wenn 90% aller Menschen der Generation Z alle so sind, dann ist das die Mehrheit. Zustimmung? Sicherlich. Sind deshalb alle gleich? Nein. In vielen Diskussionen jedoch sind sie es. Dabei kennt sicherlich jeder Mensch andere Menschen, die nicht so sind, wie sie beschrieben werden. Die Generation Z ist dann plötzlich nicht mehr arbeitsfaul, will sich beruflich doch weiterentwickeln, will etwas im Leben erreichen.

Die Generation steht für, sie will, sie braucht, sie will nicht, usw. Ich bin Konstruktivist. Ich konstruiere mir meine Welt gerne selbst. Nicht radikal, aber ich hinterfrage. Kann lästig sein. Für andere. Dennoch führen Fragen und die eigene Suche nach Antworten zu neuen Erkenntnissen.

 

Daher will ich am Ende angekommen eine einfache Frage mit auf den geistigen Weg mitgeben für alle, die sich beruflich (Recruiting, HR, Führungsrollen, usw.) oder privat (Familie, Freunde, usw.) mit Generationen beschäftigten: Wäre es nicht sinnvoller, wenn wir uns endlich der Generation Mensch mehr widmen würden, als ständig neue mit Buchstaben verzierte geistige Schubladen aufzumachen?

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